Der Begriff „coterie“ bezeichnet sowohl im Englischen als auch im Französischen eine kleine Gruppe von Personen, die sich untereinander in ihren Interessen unterstützen. Auch im Deutschen existiert die veraltete Bezeichnung „Koterie“ für eine geschlossene Gesellschaft oder „Seilschaft“. Oft sind diese Seilschaften männlich. Die Coterie-Zeichnungen zeigte ich im Rahmen einer Gruppenausstellung während der Art Cologne.
Am Eröffnungsabend wurde mir ein kaufinteressierter Sammler vorgestellt. Tatsächlich war er aber eher an „Coterie“ im alten Sinne als an den Coterie-Zeichnungen interessiert. Er fragte mich, was oder wer genau auf den Zeichnungen dargestellt sein soll.
„Are they friends?“ – „Not necessarily“, entgegnete ich.
Man konnte ihm die Verwirrung kurzzeitig ansehen. Dann war aber ziemlich schnell klar, dass eine Darstellung von Coterie die Teilnahme an ihr im realen Leben ausschließt.
Tatsächlich war es immer Teil meiner künstlerischen Arbeit, Seilschaften und deren Kontexte in Frage zu stellen. Auch mit Arbeiten, die dies nicht explizit zum Gegenstand hatten, wollte ich zeigen, dass ein Kontext oder Umfeld auch Exklusivität bedeutet und mit einer zweifelhaften, da isolierten, Selbstzufriedenheit einhergehen kann, die die Perspektive für Neues, Anderes und „Abweichendes“ einschränkt. Hierfür habe ich oft riskiert, den Konsens zu stören und in der Folge nicht dazuzugehören.
So auch bei dieser Ausstellung. Denn mir war völlig klar, dass die teilnehmenden Künstler Teil der arrivierten Avantgarde waren, die sich explizit gegen Akademismus und Form richtete. Obwohl ich das Prinzip grundsätzlich unterstützte (schließlich hatte ich selbst die Ausstellung organisiert und die Künstler eingeladen), riskierte ich, mit meinen Zeichnungen den bereits oben genannten Konsens (in diesem Fall den für Avantgarden typischen Konsens der Opposition) zu stören. Die figurativen, großformatigen und zahlreichen Zeichnungen fielen offensichtlich aus dem Rahmen. Dennoch blieben meine subversiven Bemühungen und selbst das Seilschaftsthema mutmaßlich unerkannt.
Die dargestellten Jungs tragen standestypisch karierte Hemden und Pullunder. Sie sind selbstzufrieden und in einer wiederkehrenden Form dargestellt, die sie letztendlich austauschbar erscheinen lässt.
Die Originalzeichnungen wurden in Bleistift auf Papier gezeichnet, mehrfach reproduziert, neu verknüpft und wieder neu gezeichnet. In der Ausstellung habe ich sechs Zeichnungen in Buntstift auf Papier in einer Größe von 80 x 100 cm gezeigt. Sie existieren außerdem als Druck in verschiedenen Größen.
Später mochte mein Kater Diego die Zeichnungen der Ausstellung so sehr, dass sie ihm als Nachtlager dienten und seitdem nicht mehr seilschaftstauglich sind.